A wie Antidepressiva

Foto von pina messina on unsplash

"Sowas nehme ich nicht, das macht doch abhängig" oder "Kann ich nicht ein Medikament haben, damit es mir schnell besser geht?" sind die häufigsten zwei Aussagen, die ich von Patienten zum Thema Antidepressiva höre. Beides ist nicht ganz richtig. Mit diesen Gerüchten möchte ich hier aufräumen.

Antidepressiva sind genau die Medikamente, die NICHT abhängig machen. Viel gefährlicher im Sinne des Abhängigkeitspotentials sind Schlaf- oder Beruhigungsmittel, die man "nach Bedarf" nimmt. Deren Wirkstoffe sind Stoffe, bei denen es zu einer Toleranzentwicklung kommt - d.h. es wird immer mehr davon benötigt. Und wenn das Medikament dann nach Bedarf genommen wird, steigert sich schnell die Dosis. Zusätzlich kommt es dann zur psychischen Abhängigkeit, weil man immer weniger erlebt, dass es auch ohne Medikament geht. Antidepressiva werden dagegen nach einem festen Schema genommen, z.B. immer abends zu einer bestimmten Zeit und in immer derselben Dosierung. Das ist sehr wichtig, denn die einzelne Tablette bewirkt im Körper kaum etwas. Die Wirkung tritt erst dann ein, wenn eine bestimmte Menge des Wirkstoffs im Körper ist. Man spricht davon, dass dann ein Spiegel erreicht ist.  Und damit sind wir auch schon bei der anderen Aussage.
Antidepressiva wirken NICHT schnell. Weil der beschriebene Spiegel aufgebaut werden muss, dauert es einige Wochen (meist 4-6) bis die erwünschte Wirkung eintritt. Vorher erleben die meisten Menschen vor allem Nebenwirkungen. Manche sind nur lästig, z.B. Mundtrockenheit. Andere sind je nach Ausgangssituation wirklich problematisch. Gewichtszunahme, Auswirkungen auf die Sexualität oder starke innere Unruhe sind dann auch oft der Grund, dass das Medikament wieder abgesetzt wird. Da kann sich ein Wechsel zu einem anderen Wirkstoff durchaus lohnen.  Es gibt so viele verschiedene Wirkstoffe mittlerweile, die alle unterschiedliche Wirkungen und Nebenwirkungen haben - deshalb sollte auch immer ein Facharzt (also ein Psychiater) an der Medikamentenwahl beteiligt sein. (Als Psychotherapeutin darf ich keine Medikamente verordnen, das tun nur Ärzte.)
Wann sind Antidepressiva sinnvoll? Wir wissen aus der Forschung, dass bei schweren psychischen Erkrankungen, z.B. schwere Depression oder sehr ausgeprägte Ängste, die Kombination aus Antidepressiva und Psychotherapie am besten wirksam ist. Das Antidepressivum kann anfangs helfen, nicht mehr so antriebslos zu sein oder etwas bessere Stimmung zu erleben. Dadurch ist es dann besser möglich ist, von der Psychotherapie etwas mitzunehmen und die Hausaufgaben und Veränderungen von dort umzusetzen. Wenn das aber auch so möglich ist, empfehle ich meinen Patienten, kein Medikament zu nehmen (wenn sie es nicht schon tun). Die wirklichen wichtigen Veränderungen im Denken und Handeln - die kann ein Medikament eben nicht übernehmen. Es ist nur eine Unterstützung, besonders am Anfang.
Dann kann noch während der Unterstützung durch die Therapie das Medikament langsam ausgeschlichen werden. Das ist wichtig - denn plötzliches Absetzen führt zum sogenannten "Reboundeffekt". Die Symptome kommen also wieder, man fällt dann erstmal richtig ins Loch, bis sich der Körper wieder eingependelt hat. Beim Ausschleichen kann sich der Körper viel besser langsam daran anpassen, dass der Spiegel des Wirkstoffs sinkt.
Was sind eure Erfahrungen mit Antidepressiva? Wie haben sie euch schon geholfen? Oder warum nehmt ihr keine (mehr)?
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